Trachtenwissen

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Wissen

Sonntagstrachten, Festtagstrachten, Werkstagstrachten, Wintertrachten, Männertrachten ... - all dies in königlichem Blau, leuchtendem Rot, schimmerndem Grün, verziert mit kostbarem Gold und Silber und bestickt mit passenden Motiven. So präsentieren sich auch heute noch die traditionellen Gewänder, die mit Stolz getragen werden. Erfahren Sie mehr über die Zürcher Tracht sowie über alle anderen und ihre kulturellen Hintergründe.

Höngg, ein Dorf, das durch seinen Weinanbau geprägt war, ist heute ein Quartier der Stadt Zürich, das seine kulturelle Identität in seiner Tracht bewahrt hat. Selbst als Höngg 1934 in die Stadt Zürich eingemeindet wurde, legten die Höngger Trachtenfrauen Wert auf ihre eigene Werktagstracht. Diese gehört zu den spezielleren und auffallenden Trachten im Kanton Zürich. Charakteristisch für diese Tracht ist das rote Band, das die Schnürung am Mieder und den Saumabschluss des Rockes bildet. Auch die gehäkelten Abschlüsse am Ausschnitt und am Ärmel der Bluse verleihen der Werktagstracht ein markantes Aussehen. Diese können mit einem weissen oder roten Garn gehäkelt werden.

Die Bedeutung der Trauben für die Höngger Bauern zeigt sich in verschiedenen Details der Festtracht. Die Seidenschürze ist mit einem sich wiederholenden Traubenmotiv verziert: Dieses wird auch in der Stickerei und bei den silbernen Miederhaften aufgenommen. Ausserdem trägt der Höngger Mann die kantonale Zürcher Männertracht mit rotem Gilet, wobei im Sommer oft nur das Gilet und der Strohhut getragen werden. Das rot gestreifte Gilet kann durch die silberfarbene Seidenweste der Stadt Zürcher ersetzt werden. Die übrigen Männer im Kanton tragen meist das blaue Gilet

Tessin - Tracht aus dem Bleniotal
Tessiner Trachtenleute hört man meistens schon bevor man sie sieht. Das Geklapper der Zoccolis ist einmalig in der Schweizer Trachtenlandschaft. In der Südschweiz ist die traditionelle Bekleidung gleichzeitig Zeuge der wirtschaftlichen Entbehrung vergangener Zeiten aber in ihrer Farbigkeit auch der regionalen Lebensfreude.

Waadt - Winzertracht
Diese Tracht wird im ganzen Kanton getragen. Sie besteht aus einem weissen Hemd mit weiten Ärmeln, grauer oder brauner Hose und farbiger Weste. Ein schwarzer, flacher Hut vervollständigt diese Tracht. Sie wurde anlässlich des Winzerfestes 1927 geschaffen.

Schaffhausen - Sonntagstracht Klettgau-Schleitheim
Das Vorbild dieser Tracht waren die farbigen, lebensfrohen historischen Trachten aus den Jahren 1780 bis 1840. Die dunkelrote Seidenschürze ist bezeichnend für Schleitheim. Während man im Randental die ledigen Frauen von den verheirateten an der der Kopfbedeckung erkennen kann (Biremässli oder Haube), sind die gesmokten Ärmel für alle charakteristisch.

Graubünden - Oberländer Festtagstracht
Der Kanton Graubünden besteht aus vielen verschiedenen Tälern. Dies widerspiegelt sich aber nicht in den Trachten. Diese sind in den Grundzügen im ganzen Kanton gleich. Denn die Vorbilder der heutigen Bünder Trachten sind in der Mode des 18. & 19. Jh. zu finden. Das Hauptmerkmal der Bündner Festtagstrachten ist die reiche Stickerei. An allen Schultertüchern und Vorsteckern leuchten Blumenstickereien in Seide.

Aus den einfachen und zweckmässigen Bekleidungsformen der Landbevölkerung entwickelten sich regionale Trachtentraditionen. Treiber dieser modischen Entwicklung waren der Söldnerdienst, das Aufblühen des Handels sowie die Nachahmung der Mode von Patrizier und Bürgertum. An ihrer Tracht und an ihrer Mundart erkannte man die Herkunft der Leute. Modernisierungsschübe durch Eisenbahn und Illustrierte führten ab 1850 zu einer Verdrängung der Volkstrachten durch die städtische Mode.
Im Zuge eines wachsenden Nationalbewusstseins wurden sie Anfang des 20. Jahrhunderts vom städtischen Bildungsbürgertum wiederentdeckt. Das Trachtenfest des Lesezirkels Hottingen (1896) und der Trachtenumzug zur Einweihung des Schweizerischen Landesmuseums (1898) motivierten die Hutmacherin Julie Heierli zu ihrer umfassenden Trachtenforschung, Grundlage einer eigentlichen Trachten-Renaissance.
Die junge Trachtenvereinigung modernisierte die überlieferten Festtrachten, in dem sie diese auf die ursprüngliche Form zurückführten und gleichzeitig den Vorstellungen des damaligen Tragekomforts anpassten.

Wer nun denkt, seit Julie Heierli seien keine neuen Trachten mehr geschaffen worden, täuscht sich. Seit 1980 entstanden in 14 Kantonen insgesamt beinahe 40 neue Trachten. Dabei handelte es sich um die Wiederbelebung vergessener Trachten, die Erneuerung bestehender Trachten, eine Anpassung an die heutige Zeit und in wenigen Fällen auch die umfassende Schaffung neuer Trachten.

Die Raggiera – Kopfschmuck aus dem Muggiotal
Die Raggiera ist ein weiblicher Kopfschmuck der verheirateten Frauen. Sie besteht aus einer Nadel mit zwei ovalen Knöpfen am Ende, ein typisches Verlobungsgeschenk für die Braut. Die Gesamtzahl der Anstecknadeln ist abhängig vom Alter der Braut und den finanziellen Möglichkeiten der Familie. Der Bräutigam verpflichtete sich, den Schmuck bis zu einer Höchstzahl von gegen 50 Nadeln zu ergänzen. Die Raggiera war ein wichtiges Erkennungszeichen für den Status einer Frau in der Gesellschaft.

Kreshut VS
Als Ursprung der heutigen Walliser «Kreshutes» gilt ein um die Mitte des 18. Jh. in Mode gewordener Strohhut mit seitlich aufgeschlagenem Rand und einem bestickten breiten Seidenband um den Gupf. Seinen Namen erhielt der Hut von einem mehrere Meter langen Band, welches in feinste Fältchen gelegt wird. Im Laufe der Zeit wurden die mit Goldspitzen eingefassten Bänder immer breiter. Diese werden mit Stecknadeln befestigt, so dass man sie je nach Anlass wechseln kann.

Radhaube der Stadt St. Galler Festtagstracht
Radhauben werden um den ganzen Bodensee getragen. Sie sind aus Laméspitze, mit Chenillesamt oder bestickt. Die Haube der Stadt St. Gallen kann aus Gold oder Silber sein. Die Spitzentechnik nennt man Laméspitze. Sie ist keine Stickerei. Die Laméspitzentechnik wurde über 200 Jahre lang geheim gehalten, vergessen und wieder neu erfunden. Heute beherrscht diese Technik Pius Angehrn aus Gossau (SG).

Kränzli FR
Diese Kopfbedeckung gehört zur Kränzlitracht aus dem Sensegebiet (Kanton FR). Ursprünglich ein Schmuck bei weltlichen und kirchlichen Festen, wurde das Kränzli ab dem 15. Jh. zum Symbol der Jungfräulichkeit. Es verleiht der Tracht eine ausserordentliche Eleganz und Würde. Das Kränzli hat zwei Teile, das schwarze Filzkäppchen und den Flitterkranz aus farbigen Stoffblümchen, Silberflitterli, Bouillondraht, Pailletten, Schaum- und Glasperlen.

Flügelhaube AI
Diese Haube wird zur Festtagstracht getragen. Speziell an dieser Haube ist das Goldchäppli mit dem roten Satinband. Dieses darf nur von verheirateten Frauen getragen werden. Die Schlappe, wie diese Haube auch genannt wird, ist als Ganzes das herausragende Merkmal der Innerrhoder Festtagstracht und das Goldchäppli das Pünktchen auf dem i.

Zapfenhut
Der Waadtländer Zapfenhut, chapeau « à borne » oder « à cheminée », ist das Kennzeichen der Waadtländer Frauentracht. Er ist schon 1796 auf einem Bild des Malers Joseph Reinhart abgebildet, ein aus Naturstroh gefertigte Kopfbedeckung ohne Garnitur mit einem breiten Rand. Auf der linken Seite ist eine 3-4 cm breite Schleife aus schwarzem Band befestigt. Er wird schräg auf der rechten Stirnseite getragen und mit einem Gummiband unter dem Haar festgehalten.

Das Alphorn, auch als «Alpenhorn» bekannt, ist ein traditionelles Holzblasinstrument mit Wurzeln im 15. Jahrhundert. Es wird vorwiegend in den Alpenregionen gespielt und besteht aus einem langen, konischen Holzrohr. Der charakteristische Klang ist tief und warm, erzeugt durch Naturtöne. Die Spielweise erfordert spezielle Techniken. Das Alphorn hat tiefe kulturelle Bedeutung in der Schweiz und wird bei verschiedenen Anlässen gespielt. In der Vergangenheit diente es auch als Signalinstrument in den Bergen, um Nachrichten über weite Entfernungen zu übermitteln. In den letzten Jahren hat es Modernisierung erfahren und findet auch in zeitgenössischen Musikgenres Anwendung.

Initiativen in der Schweiz setzen sich für den Schutz und die Pflege dieses kulturellen Erbes ein, indem sie Wettbewerbe, Festivals und Musikschulen fördern. Weitere Informationen sind zum Beispiel auf www.alphornschweiz.ch verfügbar.

Übrigens, am Eidgenössischen Trachtenfest präsentiert Swiss Life das SUPERHORN, das längste bespielbare Alphorn der Welt, das mit einer Länge von 14 Metern im «Guinness Buch der Rekorde» eingetragen ist. Mehr erfahren: www.swisslife.ch/trachtenfest

Finden Sie eines der folgenden Handwerke faszinierend und möchten sich in einem Kurs darin vertiefen, dann finden Sie im Kurszentrum vom Freilichtmuseum Ballenberg ein grosses Angebot. www.ballenbergkurse.ch/de/

Plissieren:
Das Wort «Plissee» kommt aus dem Französischen und bedeutet «falten». Das Textil wird in Kartonschablonen, welche die Falten vorgeben, verschnürt und durch Druck und Dampf in den Stoff gepresst. Dieses wunderbare und alte Handwerk wird in der Schweiz in der Plisseebrennerei von Eva Ott in Basel noch ausgeführt. www.plisseebrennerei.com

Filigranschmuck:
Die Berner Festtagstracht ist so reich geschmückt, wie kaum eine andere Schweizer Tracht. Der Schmuck wird im Filigranhandwerk hergestellt. Die Familie Geissbühler stellt diesen Filigranschmuck in 5. Generation in ihrem Atelier in Konolfingen oder Langenthal her. www.geissbühler-schmuck.ch oder www.ateliergeissbuehler.ch

Frivolité:
Frivolité ist eine sehr filigrane Knüpftechnik, bei der mittels eines auf einem Schiffchen aufgewickelten Fadens Spitzen hergestellt werden. Informationen zu Kursen und weiteres finden Sie unter: www.vss-fds.ch

Knöpfe haben bei unserer Kleidung einen festen Bestandteil und sind nicht mehr wegzudenken. Mit der Erfindung des Knopfloches im 13. Jahrhundert erlangte der Knopf die Bedeutung als Verschluss. Knöpfe wurden aus Holz, Horn, Glas, Metall oder Edelsteinen gefertigt. Die Vielzahl an Materialien und Formen führte zu einer Spezialisierung und so entstand im Mittelalter der angesehene Berufsstand des Knopfmachers (maître boutonnier). Knöpfe waren vor allem ein gerne zur Schau gestelltes Statussymbol. Gold- oder Silberknöpfe blieben für Bauern unerschwinglich, so trugen diese Knöpfe aus Zinn und Messing. Bei Handwerkern waren Knöpfe beliebt, die mit ihren eingravierten Werkzeugen oder Symbolen auf ihre Zunft hinwiesen. Noch heute erzählen Knöpfe Geschichten und verleihen den Kleidungsstücken ein spezielles Aussehen. An Trachten findet man Knöpfe aus Holz, Perlmutter (im Kanton Zürich nur an Werktagstrachten) oder Silber. Holzknöpfe sind den Werktags- und Sonntagstrachten vorbehalten, während die edlen Silberknöpfe, filigran oder gehämmert, bei Sonntags- oder Festtrachten angenäht werden.

Die Entwicklung einer so reichen Trachtenlandschaft war in der Schweiz nur möglich, weil zunehmend die Kleidermandate verschwanden, welche die Gesellschaft rein bildlich in verschiedene Gruppen einteilten. Gewisse Zeichen geben aber auch heute noch spärliche Informationen über die Trachtentragenden. Besonders deutlich sind die Auskünfte bei den Kopfbedeckungen der Frauen-Festtrachten (Zivilstand) – auf diese Tradition geht das Sprichwort «Sie ist unter die Haube gekommen» zurück. Andere Accessoires geben wiederum Auskunft über den Vermögensstand (Achtung: das kann täuschen!) oder das konfessionelle Milieu der Tracht. Die kostengünstigen Klosterarbeiten brachten ganz selbstverständlich eine reich bestickte Trachtentradition hervor, während die Trachtenkleider der protestantischen Gegenden eher durch eine schlichte Eleganz überzeugen.

Kopfschmuck OW
Im Kanton Obwalden tragen die Frauen zu ihren Sonntagstrachten immer einen Kopfschmuck. Dieser zeigt, ob eine Frau ledig oder verheiratet ist. Die ledigen Frauen tragen einen kunstvoll geflochtenen Zopf mit einem eingeflochtenen weissen Band – die sogenannte Zipfen. Früher wurde das weisse Band in die eigenen Haare geflochten. Heute wird der Zopf aus Kunsthaar geflochten. Verheiratete Frauen tragen die weisse Spitzenhaube. Auf dem Bild ist eine ledige Frau aus Engelberg zu sehen. Engelberg gehört seit vielen Jahren zum Kanton Obwalden. Unterscheidet sich aber in den Trachten. Doch der Kopfschmuck der Sonntagstracht der Frauen unterscheidet ebenfalls zwischen ledig oder verheiratet. Die ledige Frau trägt den weissen Zopf mit Filigranhaarpfeil und den Kopf der Verheirateten schmückt die Mutschihaube mit schmaler Silberschaufel.

Verschiedene Broschen
Fast zu allen Frauentrachten gehört eine Brosche. Diese kann aus Holz oder Silber sein. Bei den Silberbroschen kann man manchmal die Herkunft einer Trachtenträgerin erkennen. So zeigt beispielsweise der Fridolin, dass sie aus dem Kanton Glarus stammt oder wie auf dem Foto aus dem Kanton Basel-Land. Einige Broschen deuten noch genauer auf die Herkunft hin. Da ist das Gemeindewappen abgebildet. So zum Beispiel bei der Tracht aus dem solothurnischen Bucheggberg.



Unterschiede der Brusttücher


Toggenburg SG: Das Brusttuch der Männer des Toggenburges erkennt man an den sieben Knöpfen. Sie stehen für die Churfirsten. Auch sind die Knopflöcher weiss gestickt. Auf dem Spiegel (Revers) sind traditionelle Muster wie Sunnerädli, Wirbelblumen und Lebensbaum meist von Hand gestickt. Am Saum auf dem Rücken finden wir ebenfalls eine Stickerei. Diese spiegelt entweder die Sujets vom Revers wider oder zeigt ein Alphüttli mit den 7 Gipfeln (Churfirsten). Über dem Brusttuch schmückt sich der Toggenburger mit einer Silberkette.

Appenzell Innerrhoden: Zwischen den Knopflöchern und Knöpfen zieren Blumensträusschen aus Edelweiss, Enzian und Erika das Brusttuch. Die Knopflöcher sind immer aus gelben Faden genäht. Der Rand des Brusttuches ist aus einer einfachen Stickerei. Am Spiegel, Kragen und um die Tasche finden wir den Knötchenstich.

Appenzell Ausserrhoden: Am Spiegel finden wir verschiedene Blumenmuster meist maschinell gestickt. Die Knopflöcher sind weiss ausgenäht. Die Anzahl der Knöpfe variiert je nach Körpergrösse zwischen sechs und sieben Stück. Am Saum auf dem Rücken finden ein gesticktes Alphüttli ohne Berge.

Verheiratet oder nicht
Bei den Festtags- und Sonntagstrachten des Kanton Appenzell Ausserrhoden ist die Unterscheidung von ledig und verheiratet einfach. Trägt die Frau einen silbernen Schmuck ist sie noch ledig. Bei der Heirat wechselt sich zu goldenem Schmuck. Dabei wird auch Miedereinsatz mit einem Goldenen getauscht. Auf dem Foto sehen wir von links: Blaue Sonntagstracht mit Schmuck und Brusteinsatz in silber = ledig/ Schwarze Festtagstracht mit Schmuck und Brusteinsatz in gold = verheiratet/ Grüne Sonntagstracht mit silbernem Schmuck und Brusteinsatz gleicher Stoff wie Schürze = ledig

Der Begriff Tracht wird aus dem mittelniederdeutschen «dracht» abgeleitet: «das, was getragen wird». Dazu gehören demzufolge Standes-, Berufs-, Volks- oder Nationaltrachten. Sie alle waren Ausdruck von Gemeinsamkeit aber auch «Abgrenzung von den anderen». In der Schweiz bezeichnet man mit Tracht normalerweise die im 18. Jahrhundert entstandene regionenspezifische Volkstracht, in wenigen Fällen (Alpsteingebiet und Greyerzerland) auch noch die Berufskleidung des Sennenstandes. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Festtracht (nur sie war überliefert) in (klein-) städtischem Umfeld zum Symbol romantischer Vaterlandsliebe. Heimatschutz, Heimatwerk und Trachtenvereinigung entwickelten in den 30er-Jahren die Zielsetzung, die Tracht zum Standeskleid der bäuerischen Bevölkerung zu machen: Arbeits- und Sonntagstrachten wurden neu gestaltet. Diese gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht es heute, die Herkunft der Trachtentragenden genau zu bestimmen, manchmal sogar den Zivilstand und die wirtschaftlichen Verhältnisse.

Kanton Genf
Die Trachten im Kanton Genf wurde auf das eidgenössische Trachtenfest 1931, welches in Genf stattfand, neu geschaffen. Dabei hat man sich auf Trachtenstiche damaliger Kleinmeister wie Wolfgang-Adam Toepffer bezogen. Gleichzeitig suchte man auch nach überlieferten Zeugnissen des ehemals blühenden Genfer Stoffdruckgewerbe. Für die Röcke wählte man daher helle, bunt bedruckte Baumwolle. Zusammen mit Seidenschürzen und Hutbändern in zarten Pastelltönen widerspiegeln die schmucken Sonntagtrachten der Frauen die Heiterkeit der Menschen wieder. Die Männertracht sollte zu der Frauentracht passen. Man einigte sich auf einen dunkelfarbigen Tuchrock im Redingote-Schnitt mit gemustertem oder quergestreiftem Gilet und enggestreifter, helle Hose. Dazu trägt der Mann einen breitrandigen Schlapphut und eine schwarze Halsbinde.

BE Historische Männertracht
Die neu geschaffene Historische Männertracht wurde 2004 von der Bernischen Trachtenkommission anerkannt. Sie wurde nach einem Gemälde von Joseph Reinhard aus dem Jahr 1790 nachempfunden. Die Form ist im ganzen Kanton gültig. Der handgewobene Stoff, dunkelblauer Wollstoff – der gleiche wie der der Frauentracht – wurde für die Männertracht ausgewählt.

Wer sich in der Schweiz mit Trachtenforschung beschäftigt, kommt an der Modistin und Hutmacherin Julie Heierli nicht vorbei. Jahrelang begleitete sie ihren Gatten, Jakob Heierli auf seinen Studienreisen und durchstöberte dabei zahlreiche Haushalte. Später kuratierte sie die Trachtensammlung des Schweizerischen Landesmuseums. Ihre wissenschaftliche Arbeitsweise verlangte grösste Sorgfalt und eine korrekte Terminologie. Im Glauben eine letzte Bestandesaufnahme für die Nachwelt zu machen, ermöglichte ihre Forschung in den 1920er-Jahren überhaupt erst die Renaissance des schweizerischen Trachtenlebens. Heierli publizierte 1922-1932 ihr fünfbändiges Lebenswerk «Die Volkstrachten der Schweiz». Noch heute gilt dieses als Referenzwerk. 1938 starb sie als Ehrenmitglied der Schweizerischen Trachtenvereinigung.

Zum 100-jährigen Jubiläum der Schweizerischen Trachtenvereinigung (2026) erscheint ein neues Buch zur Trachtenlandschaft Schweiz. Das mit über 300 Seiten und allen Kantonen umfassende Gesamtwerk erscheint in drei Sprachen beim Berner Haupt-Verlag.

Hier geht`s zum Trachten Lexikon.

Höngg, ein Dorf, das durch seinen Weinanbau geprägt war, ist heute ein Quartier der Stadt Zürich, das seine kulturelle Identität in seiner Tracht bewahrt hat. Selbst als Höngg 1934 in die Stadt Zürich eingemeindet wurde, legten die Höngger Trachtenfrauen Wert auf ihre eigene Werktagstracht. Diese gehört zu den spezielleren und auffallenden Trachten im Kanton Zürich. Charakteristisch für diese Tracht ist das rote Band, das die Schnürung am Mieder und den Saumabschluss des Rockes bildet. Auch die gehäkelten Abschlüsse am Ausschnitt und am Ärmel der Bluse verleihen der Werktagstracht ein markantes Aussehen. Diese können mit einem weissen oder roten Garn gehäkelt werden.

Die Bedeutung der Trauben für die Höngger Bauern zeigt sich in verschiedenen Details der Festtracht. Die Seidenschürze ist mit einem sich wiederholenden Traubenmotiv verziert: Dieses wird auch in der Stickerei und bei den silbernen Miederhaften aufgenommen. Ausserdem trägt der Höngger Mann die kantonale Zürcher Männertracht mit rotem Gilet, wobei im Sommer oft nur das Gilet und der Strohhut getragen werden. Das rot gestreifte Gilet kann durch die silberfarbene Seidenweste der Stadt Zürcher ersetzt werden. Die übrigen Männer im Kanton tragen meist das blaue Gilet.

Tessin - Tracht aus dem Bleniotal
Tessiner Trachtenleute hört man meistens schon bevor man sie sieht. Das Geklapper der Zoccolis ist einmalig in der Schweizer Trachtenlandschaft. In der Südschweiz ist die traditionelle Bekleidung gleichzeitig Zeuge der wirtschaftlichen Entbehrung vergangener Zeiten aber in ihrer Farbigkeit auch der regionalen Lebensfreude.

Waadt - Winzertracht
Diese Tracht wird im ganzen Kanton getragen. Sie besteht aus einem weissen Hemd mit weiten Ärmeln, grauer oder brauner Hose und farbiger Weste. Ein schwarzer, flacher Hut vervollständigt diese Tracht. Sie wurde anlässlich des Winzerfestes 1927 geschaffen.

Schaffhausen - Sonntagstracht Klettgau-Schleitheim
Das Vorbild dieser Tracht waren die farbigen, lebensfrohen historischen Trachten aus den Jahren 1780 bis 1840. Die dunkelrote Seidenschürze ist bezeichnend für Schleitheim. Während man im Randental die ledigen Frauen von den verheirateten an der der Kopfbedeckung erkennen kann (Biremässli oder Haube), sind die gesmokten Ärmel für alle charakteristisch.

Graubünden - Oberländer Festtagstracht
Der Kanton Graubünden besteht aus vielen verschiedenen Tälern. Dies widerspiegelt sich aber nicht in den Trachten. Diese sind in den Grundzügen im ganzen Kanton gleich. Denn die Vorbilder der heutigen Bünder Trachten sind in der Mode des 18. & 19. Jh. zu finden. Das Hauptmerkmal der Bündner Festtagstrachten ist die reiche Stickerei. An allen Schultertüchern und Vorsteckern leuchten Blumenstickereien in Seide.

Aus den einfachen und zweckmässigen Gewandformen der Landbevölkerung entwickelten sich regionale Trachtentraditionen. Treiber dieser modischen Entwicklung waren der Söldnerdienst, das Aufblühen des Handels sowie die Nachahmung der Mode von Patrizier und Bürgertum. An ihrer Tracht und an ihrer Mundart erkannte man die Herkunft der Leute. Modernisierungsschübe durch Eisenbahn und Illustrierte führten ab 1850 zu einer Verdrängung der Volkstrachten durch die städtische Mode. Im Zuge eines wachsenden Nationalbewusstseins wurden sie Anfang des 20. Jahrhunderts vom städtischen Bildungsbürgertum wiederentdeckt. Das Trachtenfest des Lesezirkels Hottingen (1896) und der Trachtenumzug zur Einweihung des Schweizerischen Landesmuseums (1898) motivierten die Hutmacherin Julie Heierli zu ihrer umfassenden Trachtenforschung, Grundlage einer eigentlichen Trachten-Renaissance. Die junge Trachtenvereinigung modernisierte die überlieferten Festtrachten, in dem sie diese auf die ursprüngliche Form zurückführten und gleichzeitig den Vorstellungen des damaligen Tragekomforts anpassten.

Die Raggiera – Kopfschmuck aus dem Muggiotal
Die Raggiera ist ein weiblicher Kopfschmuck der verheirateten Frauen. Sie besteht aus einer Nadel mit zwei ovalen Knöpfen am Ende, ein typisches Verlobungsgeschenk für die Braut. Die Gesamtzahl der Anstecknadeln ist abhängig vom Alter der Braut und den finanziellen Möglichkeiten der Familie. Der Bräutigam verpflichtete sich, den Schmuck bis zu einer Höchstzahl von gegen 50 Nadeln zu ergänzen. Die Raggiera war ein wichtiges Erkennungszeichen für den Status einer Frau in der Gesellschaft.

Kreshut VS
Als Ursprung der heutigen Walliser «Kreshutes» gilt ein um die Mitte des 18. Jh. in Mode gewordener Strohhut mit seitlich aufgeschlagenem Rand und einem bestickten breiten Seidenband um den Gupf. Seinen Namen erhielt der Hut von einem mehrere Meter langen Band, welches in feinste Fältchen gelegt wird. Im Laufe der Zeit wurden die mit Goldspitzen eingefassten Bänder immer breiter. Diese werden mit Stecknadeln befestigt, so dass man sie je nach Anlass wechseln kann.

Radhaube der Stadt St. Galler Festtagstracht
Radhauben werden um den ganzen Bodensee getragen. Sie sind aus Laméspitze, mit Chenillesamt oder bestickt. Die Haube der Stadt St. Gallen kann aus Gold oder Silber sein. Die Spitzentechnik nennt man Laméspitze. Sie ist keine Stickerei. Die Laméspitzentechnik wurde über 200 Jahre lang geheim gehalten, vergessen und wieder neu erfunden. Heute beherrscht diese Technik Pius Angehrn aus Gossau (SG).

Kränzli FR
Diese Kopfbedeckung gehört zur Kränzlitracht aus dem Sensegebiet (Kanton FR). Ursprünglich ein Schmuck bei weltlichen und kirchlichen Festen, wurde das Kränzli ab dem 15. Jh. zum Symbol der Jungfräulichkeit. Es verleiht der Tracht eine ausserordentliche Eleganz und Würde. Das Kränzli hat zwei Teile, das schwarze Filzkäppchen und den Flitterkranz aus farbigen Stoffblümchen, Silberflitterli, Bouillondraht, Pailletten, Schaum- und Glasperlen.

Flügelhaube AI
Diese Haube wird zur Festtagstracht getragen. Speziell an dieser Haube ist das Goldchäppli mit dem roten Satinband. Dieses darf nur von verheirateten Frauen getragen werden. Die Schlappe, wie diese Haube auch genannt wird, ist als Ganzes das herausragende Merkmal der Innerrhoder Festtagstracht und das Goldchäppli das Pünktchen auf dem i.

Zapfenhut
Der Waadtländer Zapfenhut, chapeau «à borne» oder «à cheminée», ist das Kennzeichen der Waadtländer Frauentracht. Er ist schon 1796 auf einem Bild des Malers Joseph Reinhart abgebildet, ein aus Naturstroh gefertigte Kopfbedeckung ohne Garnitur, mit einem breiten Rand. Auf der linken Seite ist eine 3-4 cm breite Schleife aus schwarzem Band befestigt. Er wird schräg auf der rechten Stirnseite getragen und mit einem Gummiband unter dem Haar festgehalten.

Das Alphorn, auch als «Alpenhorn» bekannt, ist ein traditionelles Holzblasinstrument mit Wurzeln im 15. Jahrhundert. Es wird vorwiegend in den Alpenregionen gespielt und besteht aus einem langen, konischen Holzrohr. Der charakteristische Klang ist tief und warm, erzeugt durch Naturtöne. Die Spielweise erfordert spezielle Techniken. Das Alphorn hat tiefe kulturelle Bedeutung in der Schweiz und wird bei verschiedenen Anlässen gespielt. In der Vergangenheit diente es auch als Signalinstrument in den Bergen, um Nachrichten über weite Entfernungen zu übermitteln. In den letzten Jahren hat es Modernisierung erfahren und findet auch in zeitgenössischen Musikgenres Anwendung. Initiativen in der Schweiz setzen sich für den Schutz und die Pflege dieses kulturellen Erbes ein, indem sie Wettbewerbe, Festivals und Musikschulen fördern. Weitere Informationen sind zum Beispiel auf www.alphornschweiz.ch verfügbar.

Übrigens, am Eidgenössischen Trachtenfest präsentiert Swiss Life das SUPERHORN, das längste bespielbare Alphorn der Welt, das mit einer Länge von 14 Metern im «Guinness Buch der Rekorde» eingetragen ist. Mehr erfahren: www.swisslife.ch/trachtenfest

Finden Sie eines der folgenden Handwerke faszinierend und möchten sich in einem Kurs darin vertiefen, dann finden Sie im Kurszentrum vom Freilichtmuseum Ballenberg ein grosses Angebot. www.ballenbergkurse.ch/de/

Plissieren:
Das Wort «Plissee» kommt aus dem Französischen und bedeutet «falten». Das Textil wird in Kartonschablonen, welche die Falten vorgeben, verschnürt und durch Druck und Dampf in den Stoff gepresst. Dieses wunderbare und alte Handwerk wird in der Schweiz in der Plisseebrennerei von Eva Ott in Basel noch ausgeführt www.plisseebrennerei.com.

Filigranschmuck:
Die Berner Festtagstracht ist so reich geschmückt, wie kaum eine andere Schweizer Tracht. Der Schmuck wird im Filigranhandwerk hergestellt. Die Familie Geissbühler stellt diesen Filigranschmuck in 5. Generation in ihrem Atelier in Konolfingen oder Langenthal her. www.geissbühler-schmuck.ch oder www.ateliergeissbuehler.ch

Frivolité:
Frivolité ist eine sehr filigrane Knüpftechnik, bei der mittels eines auf einem Schiffchen aufgewickelten Fadens Spitzen hergestellt werden. Informationen zu Kursen und eiteres finden Sie unter: www.vss-fds.ch

Knöpfe haben bei unserer Kleidung einen festen Bestandteil und sind nicht mehr wegzudenken. Mit der Erfindung des Knopfloches im 13. Jahrhundert erlangte der Knopf die Bedeutung als Verschluss. Knöpfe wurden aus Holz, Horn, Glas, Metall oder Edelsteinen gefertigt. Die Vielzahl an Materialien und Formen führte zu einer Spezialisierung und so entstand im Mittelalter der angesehene Berufsstand des Knopfmachers (maître boutonnier). Knöpfe waren vor allem ein gerne zur Schau gestelltes Statussymbol. Gold- oder Silberknöpfe blieben für Bauern unerschwinglich, so trugen diese Knöpfe aus Zinn und Messing. Bei Handwerkern waren Knöpfe beliebt, die mit ihren eingravierten Werkzeugen oder Symbolen auf ihre Zunft hinwiesen. Noch heute erzählen Knöpfe Geschichten und verleihen den Kleidungsstücken ein spezielles Aussehen. An Trachten findet man Knöpfe aus Holz, Perlmutter (im Kanton Zürich nur an Werktagstrachten) oder Silber. Holzknöpfe sind den Werktags- und Sonntagstrachten vorbehalten, während die edlen Silberknöpfe, filigran oder gehämmert, bei Sonntags- oder Festtrachten angenäht werden.

Die Entwicklung einer so reichen Trachtenlandschaft war in der Schweiz nur möglich, weil zunehmend die Kleidermandate verschwanden, welche die Gesellschaft rein bildlich in verschiedene Gruppen einteilten. Gewisse Zeichen geben aber auch heute noch spärliche Informationen über die Trachtentragenden. Besonders deutlich sind die Auskünfte bei den Kopfbedeckungen der Frauen-Festtrachten (Zivilstand) – auf diese Tradition geht das Sprichwort «Sie ist unter die Haube gekommen» zurück. Andere Accessoires geben wiederum Auskunft über den Vermögensstand (Achtung: das kann täuschen!) oder das konfessionelle Milieu der Tracht. Die kostengünstigen Klosterarbeiten brachten ganz selbstverständlich eine reich bestickte Trachtentradition hervor, während die Trachtenkleider der protestantischen Gegenden eher durch eine schlichte Eleganz überzeugen.

Kopfschmuck OW
Im Kanton Obwalden tragen die Frauen zu ihren Sonntagstrachten immer einen Kopfschmuck. Dieser zeigt, ob eine Frau ledig oder verheiratet ist. Die ledigen Frauen tragen einen kunstvoll geflochtenen Zopf mit einem eingeflochtenen weissen Band – die sogenannte Zipfen. Früher wurde das weisse Band in die eigenen Haare geflochten. Heute wird der Zopf aus Kunsthaar geflochten. Verheiratete Frauen tragen die weisse Spitzenhaube. Auf dem Bild ist eine ledige Frau aus Engelberg zu sehen. Engelberg gehört seit vielen Jahren zum Kanton Obwalden. Unterscheidet sich aber in den Trachten. Doch der Kopfschmuck der Sonntagstracht der Frauen unterscheidet ebenfalls zwischen ledig oder verheiratet. Die ledige Frau trägt den weissen Zopf mit Filigranhaarpfeil und den Kopf der Verheirateten schmückt die Mutschihaube mit schmaler Silberschaufel.

Verschiedene Broschen
Fast zu allen Frauentrachten gehört eine Brosche. Diese kann aus Holz oder Silber sein. Bei den Silberbroschen kann man manchmal die Herkunft einer Trachtenträgerin erkennen. So zeigt beispielsweise der Fridolin, dass sie aus dem Kanton Glarus stammt oder wie auf dem Foto aus dem Kanton Basel-Land. Einige Broschen deuten noch genauer auf die Herkunft hin. Da ist das Gemeindewappen abgebildet. So zum Beispiel bei der Tracht aus dem solothurnischen Bucheggberg.

Unterschiede der Brusttücher
Toggenburg SG: Das Brusttuch der Männer des Toggenburges erkennt man an den sieben Knöpfen. Sie stehen für die Churfirsten. Auch sind die Knopflöcher weiss gestickt. Auf dem Spiegel (Revers) sind traditionelle Muster wie Sunnerädli, Wirbelblumen und Lebensbaum meist von Hand gestickt. Am Saum auf dem Rücken finden wir ebenfalls eine Stickerei. Diese spiegelt entweder die Sujets vom Revers wider oder zeigt ein Alphüttli mit den 7 Gipfeln (Churfirsten). Über dem Brusttuch schmückt sich der Toggenburger mit einer Silberkette. Appenzell Innerrhoden: Zwischen den Knopflöchern und Knöpfen zieren Blumensträusschen aus Edelweiss, Enzian und Erika das Brusttuch. Die Knopflöcher sind immer aus gelben Faden genäht. Der Rand des Brusttuches ist aus einer einfachen Stickerei. Am Spiegel, Kragen und um die Tasche finden wir den Knötchenstich. Appenzell Ausserrhoden: Am Spiegel finden wir verschiedene Blumenmuster meist maschinell gestickt. Die Knopflöcher sind weiss ausgenäht. Die Anzahl der Knöpfe variiert je nach Körpergrösse zwischen sechs und sieben Stück. Am Saum auf dem Rücken finden ein gesticktes Alphüttli ohne Berge.

Verheiratet oder nicht
Bei den Festtags- und Sonntagstrachten des Kanton Appenzell Ausserrhoden ist die Unterscheidung von ledig und verheiratet einfach. Trägt die Frau einen silbernen Schmuck ist sie noch ledig. Bei der Heirat wechselt sich zu goldenem Schmuck. Dabei wird auch Miedereinsatz mit einem Goldenen getauscht. Auf dem Foto sehen wir von links: Blaue Sonntagstracht mit Schmuck und Brusteinsatz in silber = ledig/ Schwarze Festtagstracht mit Schmuck und Brusteinsatz in gold = verheiratet/ Grüne Sonntagstracht mit silbernem Schmuck und Brusteinsatz gleicher Stoff wie Schürze = ledig.

Der Begriff Tracht wird aus dem mittelniederdeutschen «dracht» abgeleitet: «das, was getragen wird». Dazu gehören demzufolge Standes-, Berufs-, Volks- oder Nationaltrachten. Sie alle waren Ausdruck von Gemeinsamkeit aber auch «Abgrenzung von den anderen». In der Schweiz bezeichnet man mit Tracht normalerweise die im 18. Jahrhundert entstandene regionenspezifische olkstracht, in wenigen Fällen (Alpsteingebiet und Greyerzerland) auch noch die Berufskleidung des Sennenstandes. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Festtracht (nur sie war überliefert) in (klein-) städtischem Umfeld zum Symbol romantischer Vaterlandsliebe. Heimatschutz, Heimatwerk und Trachtenvereinigung entwickelten in den 30er-Jahren die Zielsetzung, die Tracht zum Standeskleid der bäuerischen Bevölkerung zu machen: Arbeits- und Sonntagstrachten wurden neu gestaltet. Diese gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht es heute, die Herkunft der Trachtentragenden genau zu bestimmen, manchmal sogar den Zivilstand und die wirtschaftlichen Verhältnisse.

BE Historische Männertracht
Die neu geschaffene Historische Männertracht wurde 2004 von der Bernischen Trachtenkommission anerkannt. Sie wurde nach einem Gemälde von Joseph Reinhard aus dem Jahr 1790 nachempfunden. Die Form ist im ganzen Kanton gültig. Der handgewobene Stoff, dunkelblauer Wollstoff – der gleiche wie der der Frauentracht – wurde für die Männertracht ausgewählt.

Kanton Genf
Die Trachten im Kanton Genf wurde auf das eidgenössische Trachtenfest 1931, welches in Genf stattfand, neu geschaffen. Dabei hat man sich auf Trachtenstiche damaliger Kleinmeister wie Wolfgang-Adam Toepffer bezogen. Gleichzeitig suchte man auch nach überlieferten Zeugnissen des ehemals blühenden Genfer Stoffdruckgewerbe. Für die Röcke wählte man daher helle, bunt bedruckte Baumwolle. Zusammen mit Seidenschürzen und Hutbändern in zarten Pastelltönen widerspiegeln die schmucken Sonntagtrachten der Frauen die Heiterkeit der Menschen wieder. Die Männertracht sollte zu der Frauentracht passen. Man einigte sich auf einen dunkelfarbigen Tuchrock im Redingote-Schnitt mit gemustertem oder quergestreiftem Gilet und enggestreifter, helle Hose. Dazu trägt der Mann einen breitrandigen Schlapphut und eine schwarze Halsbinde.

Wer sich in der Schweiz mit Trachtenforschung beschäftigt, kommt an der Modistin und Hutmacherin Julie Heierli nicht vorbei. Jahrelang begleitete sie ihren Gatten, Jakob Heierli auf seinen Studienreisen und durchstöberte dabei zahlreiche Haushalte. Später kuratierte sie die Trachtensammlung des Schweizerischen Landesmuseums. Ihre wissenschaftliche Arbeitsweise verlangte grösste Sorgfalt und eine korrekte Terminologie. Im Glauben eine letzte Bestandesaufnahme für die Nachwelt zu machen, ermöglichte ihre Forschung in den 1920er-Jahren überhaupt erst die Renaissance des schweizerischen Trachtenlebens. Heierli publizierte 1922-1932 ihr fünfbändiges Lebenswerk «Die Volkstrachten der Schweiz». Noch heute gilt dieses als Referenzwerk. 1938 starb sie als Ehrenmitglied der Schweizerischen Trachtenvereinigung.

Zum 100-jährigen Jubiläum der Schweizerischen Trachtenvereinigung (2026) erscheint ein neues Buch zur Trachtenlandschaft Schweiz. Mit über 300 Seiten und allen Kantonen umfassende Gesamtwerk erscheint in drei Sprachen beim Berner Haupt-Verlag.